Extremismus ist keine Einbahnstraße. Demokratie auch nicht.
Der Kreisvorstand der FDP Nürnberg hat einstimmig beschlossen, die Mitgliedschaft in der „Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg“ zu beenden. Der Austritt wurde bereits am 23. Juni vollzogen. Diese Entscheidung ist nicht leicht gefallen – aber sie war notwendig.
Bereits in den vergangenen Monaten haben wir mit wachsender Sorge beobachtet, wie die Allianz sich zunehmend politisiert. Der ursprünglich überparteiliche Anspruch weicht immer häufiger einer einseitigen Lagerorientierung. Statt sich auf den gemeinsamen Kampf gegen demokratiefeindliche Ideologien zu konzentrieren, entsteht der Eindruck: Wer nicht dem vorherrschenden Meinungskorridor folgt, gilt als verdächtig.
Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung rund um die Demonstrationen und Gegendemonstrationen, die seit Monaten jeden Montag die Nürnberger Innenstadt prägen. Sie sind Ausdruck einer gesellschaftlichen Polarisierung – und sie zeigen, wie leicht ein Bündnis ins ideologische Ungleichgewicht geraten kann.
Ein lokaler Ausnahmezustand – Woche für Woche
Ausgangspunkt der Demonstrationen sind Versammlungen unter dem Label „Team Menschenrechte“. Wir teilen ihre politischen Inhalte ausdrücklich nicht – insbesondere dort, wo verschwörungsideologische oder demokratiefeindliche Narrative auftreten. Doch: Solange sie friedlich demonstrieren, keine Gewalt ausüben und das Gespräch suchen, bewegen sie sich nach geltendem Recht im Rahmen des demokratischen Diskurses.
Problematisch ist das, was sich regelmäßig im Umfeld dieser Versammlungen aufbaut. Die Gegendemonstrationen, oft unterstützt oder organisiert von Gruppen innerhalb der Allianz, bringen deutlich mehr Menschen auf die Straße – und eine zunehmend aggressive Stimmung. Ordnungskräfte geraten unter Druck, am 26. Mai kam es laut Polizeiangaben zu Flaschen- und Eierwürfen auf Einsatzkräfte. Bei mehreren Versammlungen wurden Fahnen und Symbole verwendet, die mit demokratischen Grundprinzipien unvereinbar sind – darunter Palästina-Fahnen ohne erkennbare Distanzierung zur Hamas sowie Fahnen der vom Verfassungsschutz beobachteten SDAJ. Darüber hinaus kam es wiederholt zu Verstößen gegen das Vermummungsverbot sowie zum Zeigen des sogenannten „Kreuzfaustgrußes“ – einer Geste, die als pauschale Ablehnung staatlicher Institutionen und demokratischer Ordnung gilt. Zahlreiche Beiträge in sozialen Netzwerken dokumentieren diese Vorfälle und zeichnen ein beunruhigendes Bild der Dynamik vor Ort.
Wer gegen Extremismus kämpft, darf keinen dulden
Sowohl die ursprünglichen Versammlungen unter dem Label „Team Menschenrechte“ als auch Teile der Gegendemonstrationen stehen laut Medienberichten im Fokus des bayerischen Verfassungsschutzes – sei es wegen verschwörungsideologischer oder linksextremistischer Tendenzen.
Dass ein überparteiliches Bündnis unter diesen Umständen dennoch einseitig Partei ergreift, irritiert. Wer glaubwürdig gegen Extremismus eintreten will, darf ihn nicht nur auf einer Seite des politischen Spektrums suchen – und darf sich auch nicht mit Akteuren gemein machen, deren demokratische Verortung selbst fragwürdig ist.
Wir unterstellen der Allianz nicht, dass sie Gewalt oder Extremismus gutheißt. Aber wir halten es für gefährlich, wenn im Kampf gegen Rechtsextremismus andere Formen von Radikalisierung ausgeblendet, relativiert oder in Kauf genommen werden.
Demokratische Glaubwürdigkeit braucht Maß und Mitte
Für uns Freie Demokraten ist klar: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist keine parteipolitische Option. Er ist demokratische Pflicht. Wer die Menschenwürde, den Rechtsstaat und die freiheitliche Gesellschaft angreift, stellt sich außerhalb unseres politischen Grundkonsenses. Doch gerade weil dieser Einsatz so grundlegend ist, darf er nicht zum politischen Kampfmittel werden. Ein überparteiliches Bündnis muss auf dem Fundament des Rechtsstaats stehen – nicht auf ideologischer Lagerlogik.
Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch Lautstärke oder Mobilisierung, sondern durch Maß, Differenzierung und konsequente rechtsstaatliche Haltung. Wer sich dem Kampf gegen Extremismus verschreibt, muss bereit sein, allen extremistischen Tendenzen entgegenzutreten – unabhängig von ihrer politischen Herkunft.
Ein klarer Standpunkt – ohne ideologische Schieflage
Die FDP Nürnberg hat sich entschieden, die Allianz gegen Rechtsextremismus zu verlassen, weil sie deren Einseitigkeit und politische Schlagseite nicht länger mittragen kann. Nicht, weil wir weniger gegen Rechtsextremismus eintreten wollen – sondern weil wir mehr Verantwortung für eine liberale, demokratische Kultur übernehmen.
Ein Bündnis gegen Extremismus kann nur dann wirksam sein, wenn es selbst kein Extrem duldet. Es braucht die Kraft zur Abgrenzung – nach allen Seiten. Nur so entsteht Vertrauen. Nur so entsteht Haltung. Und nur so entsteht der gemeinsame Boden, auf dem eine offene Gesellschaft gedeihen kann.
Unser Austritt ist kein Rückzug, sondern ein Schritt hin zu mehr Klarheit, Maß und demokratischer Integrität – in einer Zeit, die genau das wieder braucht.